Ing100

1933: Schiffsmaschinenbau in Hamburg


Horst Vogeler - Ingenieur aus Leidenschaft

Am 28.1.2005 wurde Ing. grad. Horst Vogeler 93 Jahre alt. Seine Sehkraft hat nachgelassen und altersbedingt kann er seine Umgebung nur noch schemenhaft wahrnehmen. Aber geistig ist er voll auf der Höhe - und nicht nur das:
Horst Vogeler ist immer noch bei der Beschäftigung, der er aus Leidenschaft sein gesamtes Leben gewidmet hat:
dem Entwerfen und Realisieren von technischen Konstruktionen.

Sein aktuelles Projekt ist eine Wellenspaltanlage, für die es weltweit Bedarf gibt, z.B. als aktiver Küstenschutz für die Insel Sylt. Den Entwurf für diese Anlage hat er vollkommen selbständig entwickelt, allein unterstützt durch seine Frau Irmgard, die ihn seit über 50 Jahren zur Seite steht.

Wie wird man zu so einem leidenschaftlichen Ingenieur?

Horst Vogeler absolvierte nach der Schulzeit eine 4-jährige Schiffsmaschinenbau-Lehre bei der Vulkanwerft. Danach ging er zur Firma Kampnagel, die damals in Winterhude Hafenkrane fertigte - dort, wo heute wird in den Hallen Theater gespielt wird. Ab 1933 studierte er Schiffsmaschinenbau am Berliner Tor und machte 1936 seinen Abschluss. Damit dürfte er der älteste lebende Absolvent der Ingenieurschule in Hamburg sein. Die "Technischen Staatslehranstalten zu Hamburg" verliehen damals noch keinen offiziellen Ingenieur-Titel, sondern bescheinigten statt dessen die "zur Ausübung praktischer Ingenieurtätigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse". Seit 1968 ist Horst Vogeler berechtigt, auf Grund dieser Ausbildung den Titel "Ing. grad." zu führen.

Als "Ingenieur im Konstruktionsbüro" wurde er im Jahr 1936 von Blohm & Voss im Bereich Handelschiff-Maschinenbau eingestellt und war u.a. an der Konstruktion des KDF-Schiffes "Wilhelm Gustlow" beteiligt, das Schiff mit der Baunummer 512, das Anfang 1945 mit über 6000 Flüchtlingen an Bord in der Danziger Bucht torpediert und versenkt wurde.

1941, während des 2. Weltkrieges, kam Horst Vogeler zum Blohm & Voss Flugzeugbau nach Finkenwerder, einem Vorgänger von Airbus, und wurde dort mit statischen Berechnungen und Konstruktionen für Wasserflugzeuge betraut. 1943 schickte man ihn zur Fa. Messerschmidt, deren Flugzeugbau-Konstruktion im Krieg von Augsburg nach Oberammergau ausgelagert worden war.

Nach Kriegsende war in Deutschland für Flugzeug-Ingenieure kein Bedarf, und Horst Vogeler hielt Ausschau nach neuen Betätigungsfeldern. Er verbesserte und verkaufte Geräte für Tischlereien, konstruierte und fertigte Teigknetmaschinen für Bäckereien und fand dann doch wieder zurück zu seinem ursprünglichen Aufgabengebiet - im Jahr 1953 wurde er von der Fa. Rud. Otto Meyer (heute Imtech) als Ingenieur in der Schiffbau-Abteilung eingestellt, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1977 blieb.

Doch damit war seine Ingenieur-Karriere noch nicht zu Ende. Privat konstruiert er weiter, speziell am oben erwähnten Modell für den aktiven Küstenschutz, für das er 1994 einen Gebrauchsmusterschutz erhalten hat.

Mindesten zweimal im Jahr ist er außerdem am Berliner Tor zu Gast, wenn dort die Absolventen des Fachbereichs Maschinenbau und Produktion verabschiedet werden und ihre Zeugnisse erhalten - ein Festakt, der bei Horst Vogeler bereits 69 Jahre zurückliegt.